TU Wien
Adaptation eines Interferometers zur Messung der Dicke der menschlichen Hornhaut  
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Einleitung

In Zusammenarbeit1 mit der Universitätsklinik für Augenheilkunde Abteilung A – vormals II. Universitätsaugenklinik – des Allgemeinen Krankenhauses Wien beschäftigt sich eine Forschungsgruppe am Institut für Allgemeine Physik der Technischen Universität Wien unter Leitung von Herrn DI. Dr. Wolfgang Husinsky mit der Herstellung von hochpräzisen Hornhauttransplantaten für das menschliche Auge. Diese werden als Keratoplastik eingesetzt, um die Hornhaut total oder teilweise zu ersetzen, und sind in der Epikeratophakie als lebende Kontaktlinsen geplant. [ALT91, HUS91, MIT91, HUS92]

Im Falle der Epikeratophakie wird, um die gewünschte Korrektur zu erlangen, mittels der 193 nm-Emission eines Excimer-Lasers [MIT93] computergesteuert ein Lentikel mit entsprechender Dioptrienzahl aus einer Spenderhornhaut herausgeschnitten – Abbildung 1-1. Dieses kann dann dem Patienten aufgenäht werden. Der Vorteil dieser, gegenüber anderen, sich bereits in Anwendung befindlichen Methoden, besteht in der größeren Genauigkeit und Flexibilität. Der operative Eingriff beschränkt sich auf den Rand des Gesichtsfeldes. Da überdies das Lentikel in der zentralen Zone nicht an die Hornhaut des Patienten anwächst, und auch die Ernährung nur über die periphere Nahtverbindung erfolgt, ist es möglich, die Operation gegebenenfalls zu wiederholen, ohne das Auge des Patienten nennenswert zu schädigen.
 

Excimer Laser Cornea Shaping System Excimer Laser Cornea Shaping System
Abbildung 1-1: Excimer Laser Cornea Shaping System
 
Die Neuerung an der gegenwärtig gearbeitet wird, besteht in der Herstellung dieser Lentikel, die nicht, wie bisher, mechanisch aus tiefgefrorenen Hornhäuten geschliffen, sondern mittels Laser genauer und schonender ausgeschnitten werden sollen. Im Rahmen eines Forschungsprojekts der beiden genannten Institute wurde nun ein spezielles Gerät samt unterstützender Software entwickelt, welches unter Berücksichtigung der genauen Patienten- und Spenderdaten Lentikel bzw. Transplantate aus Spenderhornhäuten schneidet. Eine wesentliche Voraussetzung dafür ist die präzise Bestimmung der Abmessungen der fremden Hornhaut. [MIT94]

Die bisher zur Anwendung gekommene Methode bei der Vermessung von Spenderhornhäuten für das Excimer Laser Cornea Shaping System, kurz ELCS genannt, war die Pachymetrie mittels Ultraschall [AZE79, MIS68, REA87, SPE86]. Diese basiert auf der Messung der Dauer, welche ein ausgesandtes Ultraschallsignal benötigt, um nach Reflexion an der Hornhaut wieder emp-fangen zu werden – Abbildung 1-2. Hierfür muß eine spezielle Sonde im rechten Winkel zur Hornhautoberfläche plaziert und leicht aufgedrückt werden. Dabei treten jedoch einige Schwierigkeiten auf.
 

Ultraschall-Pachymetrie
Abbildung 1-2: Ultraschall-Pachymetrie aus [TEK88]

Durch den mechanischen Kontakt der Sonde mit der Hornhaut wird diese oft so sehr gestaucht, daß große Dickeschwankungen bei ein und derselben Hornhaut auftreten können. Die daraus resultierende Ungenauigkeit der Eingabeparameter wirkt sich stark auf die Qualität der nachfolgenden Bearbeitung aus. Zusätzlich sind durch den Aufbau des Pachymeters nur sehr schwer wirklich sterile Arbeitsbedingungen zu schaffen. Ein weiterer Punkt ist die Schwierigkeit einer automatisierten Messung sowie der anschließenden automatischen elektronischen Datenverarbeitung.

Eine interferometrische Meßtechnik [MIT94] besitzt dem gegenüber die Möglichkeit, durch eine berührungslose Messung mit einer weitaus größeren Genauigkeit steril zu arbeiten. Die Daten können anschließend automatisch vom Steuerrechner des Bearbeitungslasers übernommen werden. Im Prinzip wäre auch eine gleichzeitige Messung während der Laserbearbeitung möglich.

Zur Messung intraokulärer Distanzen wurden in letzter Zeit zwei neue Verfahren entwickelt. Fujimoto verwendet eine Femtosekunden-Pulstechnik zur Messung der Corneadicke an Hasenaugen [FUJ88] und Fercher Multimode-Halbleiterlaser kurzer Kohärenzlänge zur Messung der Achsenlänge des menschlichen Auges [DRE91, FER88, HIT91, HIT92b] sowie für die in vivo Messung der Retina- und Hornhautdicke [HIT92a].

Das zuletzt genannte Verfahren bildet auch die Grundlage der hier eingesetzten interferometrischen Meßmethode [KRO93]. Es beruht auf einem modifizierten Michelson-Interferometer – Abbildung 1-3 – und verwendet eine Laserdiode LD mit sehr kurzer Kohärenzlänge.
 

Prinzipieller Meßaufbau
 Abbildung 1-3: Prinzipieller Meßaufbau
 
LD 
US 
STW 
S1 
S2 
LL
Laserdiode 
Umlenkspiegel 
Strahlteilerwürfel 
Referenzspiegel 
Hornhaut 
Lichtleiter 
 
In einem Arm des Interferometers wird dabei die zu vermessende Spenderhornhaut S2 plaziert, im zweiten Arm ein Referenzspiegel S1. Stimmt der Spiegelabstand mit dem optischen Abstand des an der Oberfläche oder an der Unterfläche der Hornhaut reflektierten Strahls überein, so tritt am Lichtleiter durch die Zusammenführung der Teilstrahlen ein Interferenzmuster auf – Abbildung 1-4.
 
Interferogramm
Abbildung 1-4: Interferogramm aus [BIM93]
 
Aus der Auswertung des Auftretens der Interferenzmuster der Oberfläche und der Unterfläche kann unter Berücksichtigung des Gruppenbrechungsindex der Hornhaut deren Dicke ermittelt werden.

Einerseits besteht nun die Möglichkeit, die Positionen der Interferenzmuster durch schrittweises Verschieben des Referenzspiegels zu suchen. Andererseits kann der Referenzspiegel mit einer kontinuierlichen Geschwindigkeit bewegt werden. Durch diese wandert das Interferenzmuster mit einer bestimmten Frequenz über die Meßsonde. Wird das Auftreten dieser Frequenz erkannt und ausgewertet, so zeigt sich eine erhebliche Verkürzung der Meßdauer gegenüber der ersten Methode.

Dieses Prinzip wurde im ursprünglich vorhandenen System [KRO93] weitgehend realisiert. Das Interferenzsignal wird über eine Blende und ein Faserbündel ausgekoppelt, durch einen Photomultiplier in ein elektrisches Signal umgewandelt, nachfolgend elektronisch verstärkt, digitalisiert und in einen Rechner eingelesen. Durch eine nachträgliche Fourieranalyse zur Ermittlung der gesuchten Frequenz stößt man schnell an die Grenzen der Rechnerleistung. Diese Schwachstelle zu beheben, ist die Hauptaufgabe dieses Projekts. Im Rahmen dieser Diplomarbeit soll die Datenerfassung durch hardwaremäßige Vorbehandlung optimiert werden. Durch die Integration einer Videokamera soll die Justierung erleichtert und eine Kontrollmöglichkeit geschaffen werden. Weiters müssen die Software aktualisiert und Fehlerbehandlungsroutinen, die bisher ignoriert wurden, eingebettet werden.
 


1) Da an diesem interdisziplinären Projekt Mitarbeiter der verschiedensten Bereiche kooperierten, werden die vorkommenden, im Text nicht näher erklärten Fachbegriffe im Anhang gesondert erläutert.

Für Anmerkungen oder Änderungen senden Sie ein e-mail an martin@martin-mandl.com 980402
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